In Deutschland erlebt jede 4. Frau körperliche und/oder sexualisierte Gewalt durch einen (Ex-)Partner. Doch was versteht man unter häuslicher Gewalt? Welche verschiedenen Formen gibt es und wie erkenne ich diese? Der Verein „Frauen helfen Frauen“ engagiert sich seit über 40 Jahren gegen häusliche Gewalt an Frauen, Mädchen und Jungen. Sie sind eine der Anlaufstellen in Stuttgart bei häuslicher Gewalt und Stalking. Unsere Zusammenarbeit ist in Folge der städtischen Haushaltsverhandlungen 2021 entstanden. Gemeinsam mit den zwei Referentinnen Ramona Clauß und Lisa Veit von FhF wollten wir mit dem Workshop „Häusliche Gewalt: erkennen & handeln“ eine Plattform für junge Menschen bieten, um sich austauschen und informieren zu können. Gleichzeitig etablierte sich der Workshop auch als Auftaktveranstaltung für den am 25.06.22 stattfindenden Spendenlauf zugunsten FhF.
Los ging es mit einem kleinen Einblick hinter die Kulissen von FhF und damit in alltägliche Themen der Beratung und das Ausmaß von häuslicher Gewalt. Allein in Stuttgart sind pro Jahr eine erschreckend hohe Zahl von 8.000 akuten Fällen gemeldet. Anschließend wurde mit Hilfe eines „Gewaltbarometers“ die Möglichkeit geboten, Situationen selbst einschätzen zu können und dadurch die eigenen Grenzen besser kennenzulernen. Hierbei war es den Referentinnen besonders wichtig zu erkennen, dass Gewalt sich nicht nur körperlich äußert. Denn sie kann mehrere Gesichter in Form von psychischer, ökonomischer, digitaler, sexualisierter, sozialer Gewalt oder Stalking annehmen. Doch wieso bleiben Frauen in solchen Beziehungen, vor allem wenn sie und meist auch ihre Kinder unter den drastischen Folgen leiden? Hierbei reichen die Gründe zu bleiben von Liebe und Hoffnung über Isolation, finanzielle Abhängigkeit bis hin zur Angst nach einer Trennung noch gefährdeter zu sein.
Ramona Clauß und Lisa Veit legten in nur anderthalb Stunden die Grundlagen für alle Anwesenden, häusliche Gewalt bei anderen und sich selbst besser identifizieren und
ansprechen zu können. Darüber hinaus wurde deutlich, dass Handlungsbedarf besteht, um die Istanbulkonvention erfüllen zu können, denn die aktuellen Rahmenbedingungen passen nicht zu der Anzahl an Hilfesuchenden. Die Istanbulkonvention ist ein internationales Abkommen des Europarates zur Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen/Mädchen und häusliche Gewalt. Auch Deutschland hat sich mit der Ratifizierung in 2017 dazu verpflichtet Gewalt zu verhüten, verfolgen und zu beseitigen.
Um diese Rahmbedingungen in Form von einer ausreichenden und sicheren Finanzierung gewährleisten zu können, benötigt es die Unterstützung der Politik. Aber auch wir als Gesellschaft müssen handeln, indem wir das Thema enttabuisieren und darauf aufmerksam machen, wo und wie sich jede*r von uns Hilfe holen kann.
Ein Beitrag von Lilian Dalemann